Neustadt -Glewe im Jahr 2019
Ich kann mich noch gut erinnern an die Zeit in meiner Kindheit, wo es noch gang und gebe war sich
auf einer Bank zu einem Plausch zu treffen.
Es waren meist Rentner die sich da einfanden und ihr Schwätzchen hielten.
Ja lange ist das Geschehen her, aber nicht vergessen. Es hat ja ein Jeder von uns ein Leben erlebt,
und versucht es so zu gestalten wie es ihm möglich war.
Sicher hat das nicht immer so geklappt wie man das sich so in seiner Phantasie und im jugendlichen
Alter so vorstellte. Die Rosinen hingen sehr hoch am Baum und nur einige wenige konnten sie
erreichen, versucht hat das Jeder von uns, da bin ich mir ganz sicher.
Ich war schon immer ein Mensch der Älteren gerne zuhörte und dadurch an ihrem Lebenschatz
teilnehmen konnte.
Nun sitze ich mal wieder an meinem PC und schreibe einige dieser Geschichten die mir noch im Kopf
geblieben sind nieder.
Der Blinde mit der Sonnenbrille
Na ja so blind wie er immer sagte, war er wohl doch nicht, ich sah ihn eines Tages an der Elde mit
seinem Fahrad an mir vorbei radeln.
An der Breitscheidstrasse in Neustadt Glewe dort am Gemeindeschaukasten steht zwischen zwei alten
Bäume eine Bank die so manchem zum verweilen einlud, auch mich.
Dort traf ich des öfteren einen älteren Herren mit Sonnenbrille, der gleich um die Ecke wohnte.
Man unterhielt sich über die alte Zeit, über die Zeit, wo hier noch das Banner der DDR wehte.
Schlecht leben liess es sich hier nicht, es gab so einiges an Industrie vor Ort. NUR viel kaufen konnte
man sich von seinem Geld nicht, fürs Essen war gesorgt, ansonsten gab es nicht viel an Luxusgütern
oder man musste lange drauf warten, gelle Trabie.
Es gab ein Lederwerk das den Menschen aus der Region Brot und Arbeit gab.
Um die Ecke gab es ein Hydrauligwerk für Pumpen
und das FNG.das für Funk und Feinmechanik stand.
Und natürlich die LPG die über die ganze DDR verteilt waren und dem Lebenswohl der
Menschen dienten.
Die fleissige Hände der Melker molken die Kühe und die LPG betrieb auchSchweinezucht
und alles was so dazugehörte, wie auch den Futter und den Getreideanbau.
Die meisten Handwerkerbetriebe wurden der DDR einverleibt(enteignet zumVolkswohle),
ja das alles wurde mir auf der Bank erzählt und vieles mehr.
Der Herr von der Bank mit seiner kreisrunde Sonnenbrille auf der Nase, arbeitete früher im
Hydrauligwerk. So erzählte er mir einiges über seinen beruflichen Lebens und Werdegang.
Angeln war eine seiner Leidenschaften, im Verein kümmert er sich als Jugendwart um den
Nachwuchs.
Verheiratet war er auch einmal und zwei Töchter hätte er aus dieser Ehe, aber leider keinen Kontakt
zu ihnen.
Ja wie das Leben so spielt, nun lebt er in einem ältere Fachwerkhaus zur Miete. Eine Frau die den
oberen Stock bewohnt schaut immer nach dem rechten und kocht wohl auch für Beide.
Sie ist die Frau im Hintergrund und eine wichtige Person in seinem Leben erzählt er, ohne Sie wäre er
wohl schon lange nicht mehr auf dieser Welt. Ja ja das schwache Herz halt, es hat ihn trotz allem
über Achtzig werden lassen.
In seiner Jugendzeit war es noch möglich in den Westen zufahren, was er dann gemeinsam mit einem
Freund auch tat. Das Motorad mit Beiwagen wurde beladen und los ging es in den sogenannten
Goldenen Westen. Einige Monate verbrachten sie hier, um für sich fest zustellen, Heimat fühlt sich
anders an.
Ich war mal wieder zwischenzeitlich in Hessen, der Winter war eingekehrt und die Bank war verwaist.
Auch im Frühling sah man ihn nicht mehr auf der Bank sitzen, er war in ein Pflegeheim gekommen.
Wurde mir von einem Mann den ich auch öfters auf der Strasse traf erzählt und er hätte Ihn des
öfteren besucht dort. Ich bedanke mich bei Ihm für sein tuen und wirken.
Mach es gut du Angler, das ist das was ich ihm als letzten Gruss entbiete.
Neustadt Glewe
Neustadt Glewe die Stadt an der Elde hat grösstenteils seine alte gewachsene Struktur erhalten, das
birgt einen besonderen Reitz. Auf der Elde fahren Hausboote auf dem Weg zu den Mecklenburgischen
Seenplatten. Neustadt hat auch einen Badesee ein Einsturzsee wie die Wissenschaftler es so sagen,
der zum verweilen einlädt, ein Campingplatz fehlt natürlich auch nicht.
Als ich das erstemal Neustadt Glewe erwanderte, fühlte ich mich in die Zeit meiner Jugend
zurück versetzt. Die Burg vor Ort ist der Mittelpunkt der Kleinstadt umgeben von einer
schönen Parkanlage auf der es im Sommer ein Rittertunier gibt.
Das Schloss ist nur einige Meter entfernt und diente früher als Lehranstalt für Schulanfänger, nun ist
ein schmuckes Hotel daraus geworden.
Hier in der Gegend gibt es noch einige Fachwerkhäuser die zum Teil noch mit Reet gedeckt sind
zubewundern.
Man soll es nicht glauben was diese Kleinstadt alles so zu bieten hat.
In der Burg gibt es ein emfehlenswertes Lokal, das auch ein paar mal im Jahr ein Ritteressen in den
Gewölbekellern veranstaltet. Die Burg mit ihrem angegliederten Heimatmuseum sollte man gesehen
und belaufen haben.
Im Obergeschoss der Burg finden fast das ganze Jahr hindurch Ausstellungen statt.
Auch musikalische Darbietungen von Künstlern aus der Region, Kunst von Malern und auch die
Fotographie kommen hier gut an.
Hier in Neustadt kommt auch der Sport nicht zu kurz:
Fussball wird hier angeboten, die Ringer sind hier noch aktiv. Es gibt einen Schützenverein,
Handballverein, einen Heimatverein. einen Anglerverein und auch die Fallschirmspringer haben
ihr zuhause hier. Ein Geschäft neben dem anderen gibt es hier und Haarschneider an mass.
Wie sie alle so ihr Auskommen finden, ist mir schleierhaft. Ja es darf auch Schleier geben,
man muss ja nicht jedes Geheimnis einer Geschäftsbeziehung wissen.
Neustadt Glewe ist mit Wasser Wiesen Sand und viel Wald reichlich gesegnet.
Mit etwas Glück kann man den Bieber in seiner Burg belauschen.
Das grösste sind hier natürlich im Spätherbst die Vogelzüge, die man so toll hier geniessen und
beobachten kann.
Die abgernteten Felder werden von Graugänzen belagert und restgeerntet. Wenn sie satt gefressen
sind, erheben sie sich in wogenden schwarzen Wellen und begeben sich auf ihre Schlafwiesen.
Ein Schauspiel der besonderen Art wird uns da in der Lewitz geboten, ja man ist mit der Natur auf Du
und Du.
Der Alte und die Elde
Immer wenn ich mit meinem Hund Susi meine Elderunde drehte. Sass da sehr oft, wenn es das
Wetter zuliess, ein älterer Herr auf einem Anglerstuhl am Wasser. Er bestückte gerade seinen
Angelhaken mit mitgebrachten Maden, dennen er wohl das schwimmen beibringen wollte.
Ok, das war sehr vorlaut von mir, ich entschudige mich innerlich bei Ihm und bitte ihn um Vergebung
für meine lose Zunge.
Es war wohl eher die Lust an der Natur und der Zeitvertreib, die ihn zum Angeln brachten.
Weil so richtig fette Fische hatte er nie an seiner Angel dran, das was er fing und was sich in
seinem Eimer wiederfand, leerte er immer in die Elde zurück.
So ganz allmählich kam man sich auch menschlich und tierisch näher. Er erzählt mir aus der Zeit,
seiner Zeit, als Mauerer. Ja, da war er noch taufrisch und konnte noch Bäume ausreissen.
So sagt man das bei uns in Hessen über einen kraftstrotzenden Menschen, der er ja einmal war.
Er erzählt mir von seiner verstorbenen Frau und das er trotz eigener Kindern es immer einsamer und
ruhiger um ihn herum wurde.
Ja er schien mir schon ein bisschen der Welt überdrüssig zu sein.
Er hatte früher auch einen Hund, ja auch so einen grossen wie meine Susi ist und den vermisste er
auch. Aber nun hatte er die Gelegenheit meinen Hund etwas zu kraulen, was ihm sichtbar gut tat.
Man sah sich auch öfters in der Stadt meist vor dem Eiskaffee auf der Bank die zum verweilen einlud.
Wenn er uns sah, war seine Vorfreude gross mal wieder etwas Wärme und Nähe von meinem Hund
erfahren zu dürfen.
Da ich ja immer mal wieder nach zu hause nach Hessen fahre, oder der Winter einzug gehalten hat,
geht der Kontakt immer etwas verloren.
Bei unserem nächste Zusammentreffen an der Elde, war sein körperliches Leid nicht zu übersehen.
Ein leichter Schlaganfall hat ihn heimgesucht. Er erzählt mir, das seine Tochter ihn in der Wohnung
liegend auf dem Boden fand. Und das sie wohl zu früh kam, sonst hätter er heute schon seine Ruhe
und währe schon bei seiner Frau im Himmel oder wo immer sich das Land der Glückseligen befindet.
Bei unserem allerletzten Zusammentreffen versucht er am Anfang noch geduldig irgend etwas an der
Angelschnur zusammen zu bosseln oder zu knoten. Er schafft es nicht und bittet mich um Hilfe was
ihm sicherlich nicht leicht fiel. Da ich mit meinen Augen, auch nicht mehr alles so wunschgemäss
hinbekomme, musste ich leider aufgeben. Oh, da wurde er aber doch etwas ungestüm und verstand
es gar nicht, das das bei mir auch nicht funktionierte.
Ich habe keinen Namen von Ihm und ich habe ihn nun schon seit ein paar Monaten nicht mehr
getroffen und zu Gesicht bekommen. Mein Freund Edgar erzählt mir das der Eldeangler gestorben sei.
Nun ist sein Wunsch in Erfüllung gegangen und ich hoffe für Ihn, das er wieder mit seiner Frau in den
Himmlischen Gebilden vereint ist.
Machs gut mein Freund auf deiner Reise.